Verfassungsgerichtshof
Verfassungsgerichtshof öffnet die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare
7. Dezember 2017
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Erkenntnis

Mit Erkenntnis vom 4. Dezember 2017 hob der Verfassungsgerichtshof in Österreich jene gesetzlichen Regelungen auf, die die Ehe ausschließlich verschiedengeschlechtlichen Paaren vorbehielten. Nun soll diese mit Ablauf des 31. Dezembers 2018 auch für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet werden. Begründet wurde dieser Schritt mit dem Diskriminierungsverbot des Gleichheitsgrundsatzes. Die eingetragene Partnerschaft, die 2010 mit dem Ziel, eine rechtliche Annäherung an die Ehe für gleichgeschlechtliche Partnerschaften zu ermöglichen, in Kraft getreten ist, sei mittlerweile der Ehe dermaßen angenähert, dass sich beide Rechtsinstitute trotz geringer Unterschiede weitgehend entsprechen. Die Trennung von verschiedengeschlechtlichen und gleichgeschlechtlichen Paaren trotz weitgehend gleicher Rechte in zwei Rechtsinstitute sei daher als Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare zu werten:

„Die gesetzliche Trennung verschiedengeschlechtlicher und gleichgeschlechtlicher Beziehungen in zwei unterschiedliche Rechtsinstitute verstößt damit gegen das Verbot des Gleichheitsgrundsatzes, Menschen auf Grund personaler Merkmale wie hier der sexuellen Orientierung zu diskriminieren.“

Daher soll nun einerseits die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare und andererseits die Öffnung der eingetragenen Partnerschaft für verschiedengeschlechtliche Paare ermöglicht werden. Dies soll durch die Aufhebung der Wortfolge „verschiedenen Geschlechtes“ in den Regelungen des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) zur Ehe sowie ähnlichen Bestimmungen im Eingetragene Partnerschaft-Gesetz (EPG) geschehen.

 

Kritik

Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes stößt aber auch auf Kritik. Am 5. Dezember gab Kardinal Schönborn eine Stellungnahme ab, in welcher er die Entscheidung für Öffnung der Ehe schärfstens kritisierte:

„Es ist beunruhigend, dass sogar die Verfassungsrichter den Blick verloren haben für die besondere Natur der Ehe als Verbindung von Mann und Frau. Sie ist wie keine andere Beziehung geeignet, Kinder hervorzubringen, zu hüten und aufzuziehen und damit die Generationenfolge zu sichern.“ Und weiter: „Wenn der VfGH die Einzigartigkeit und damit die juristische Sonderstellung der Ehe verneint, die auf der Unterschiedlichkeit der Geschlechter aufbaut, verneint er die Wirklichkeit.“

Der Verfassungsgerichtshof verneint nicht nur die Wirklichkeit, sondern verstößt mit seiner Entscheidung auch gegen den Rechtsgrundsatz, dass Ungleiches nicht gleich zu behandeln sei. Unterscheidung ist nicht Diskriminerung. Sein Erkenntnis steht auch im Widerspruch zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), der wiederholt geurteilt hat (zuletzt 2016), dass es keine Diskriminierung sei, die Ehe ausschließlich verschiedengeschlechtlichen Paaren zu gestatten.

Durch diesen Entscheid verliert die Institution der Ehe zunehmend an Bedeutung und Wert: wenn der Wunsch nach natürlicher Zeugung als Bedingung für die Ehe wegfällt (dies muss er, wenn gleichgeschlechtlichen Paaren die Ehe ermöglicht wird) und nur mehr gegenseitige Zuneigung als ausschlaggebend für die Schließung einer Ehe ist, sprichts nichts dagegen, diese etwa nicht auch für polyamore Beziehungen zu öffnen. Dass dies nur die konsequente Folge der Öffnung der Ehe ist, zeigt Kolumbien, wo heuer bereits die erste Ehe zwischen drei Männern geschlossen wurde.

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