
Frauenministerin Susanne Raab ist keine Feministin – Gedanken zum Gastbeitrag von Birgit Kelle
Unter dem Titel „Sie ist Ministerin für alle Frauen“ erschien am 12. März 2020 ein Gastbeitrag von Birgit Kelle in der Presse (den ganzen Artikel lesen Sie hier). Hintergrund ist die Weigerung von Frauenministerin Susanne Raab, sich als Feministin zu deklarieren. Darf man das eigentlich? Sich als oberste Frauenzuständige nicht als Feministin definieren? Auch wir wollen der Frage auf die Spur gehen.
Jedenfalls ist die Ministerin mit ihrem Statement nicht alleine, wie Birgit Kelle in ihrem Beitrag treffend ausführte. Auch Angela Merkel hat sich auf der W20-Frauenkonferenz auf Nachfrage nicht explizit als Feministin bezeichnet. Sie wolle sich nicht mit fremden Federn schmücken, wich die Kanzlerin geschickt aus. Raab hält wiederum fest, dass der Begriff des Feminismus mehr Frauen trenne als verbinde.
Nun bezeichnen sich tatsächlich viele Frauen als Feministen, doch könnten ihre Forderungen unterschiedlicher nicht sein: Einerseits sieht sich die Frauenwelt mit Gender-Mainstreaming konfrontiert, welches die Kategorie Geschlecht als überflüssig ansieht. Nach den sogenannten Gender-Experten beruht die Ungleichheit zwischen Mann und Frau auf der Unterscheidung zwischen den beiden Geschlechtern. Weil die Gesellschaft Dir sagt, dass Du ein Mann bist, entwickelst Du männliche Interessen, verhälst dich wie ein Mann, etc.. Selbiges gilt für Frauen. Es ist von „tradierten Rollenbildern“ und „Geschlechterstereotypen“ die Rede. Weiters müsse die Bipolarität der Geschlechter überwunden werden. Das Geschlecht sei nicht biologisch determiniert, sondern vielmehr eine gesellschaftliche Zuschreibung.
Um dieses „soziale Zwangssystem“ aufzulösen, dürfe einem Kind nicht mehr gesagt werden, dass es ein Junge oder ein Mädchen ist. Stattdessen solle man nach der Geburt doch über Augenfarbe oder Körpergröße sprechen, aber keinesfalls über das biologische Geschlecht. Jeder könne sein soziales Geschlecht (Gender) frei wählen oder ein neues Geschlecht erfinden und sich entsprechend dieses Geschlechts bezeichnen (Facebook kennt beispielsweise 60 Geschlechter). Wenn es kein biologisches Geschlecht mehr gibt, gibt es keine Frauen mehr und damit auch kein Problem – ein spannender Lösungsansatz.

Aber sind dies wirklich die wesentlichen Herausforderungen von Frauen oder doch eher Visionen völlig unterforderter Akademiker? Wer diese Fragen stellt und die Gender-Ideologie kritisiert, wird mundtot gemacht sowie als Rassist oder homophob abgestempelt. Birgit Kelle kennt dies nur allzu gut, ihre Vorträge müssen zum Teil polizeilich gesichert werden. Der Versuch demokratische Institutionen wie die Redefreiheit zu untergraben zeigt die gefährlichen Ausprägungen des Gender-Feminismus.
Andererseits finden Quoten-Feministinnen immer mehr Einzug in den Diskurs: Gesetzliche Frauenquoten auf allen höheren Ebenen sind das erklärte Ziel. Aber wie passt dies mit dem Gender-Feminismus zusammen, dem gemäß es kein biologisches Geschlecht geben darf? Um eine Frauen-Quote durchzusetzen, muss doch wieder nach Männern und Frauen unterschieden werden. Spätestens an dieser Stelle beißt sich die Katze in den Schwanz. Wenn es tausende soziale Geschlechter, genannt Gender gibt, bräuchte jedes Gender seine eigene Quote –eine Herausforderung für die Juristen der Republik, die dann wohl wiederum eigene Gender-Kurse bräuchten. Hier wurde offenbar eine Marktlücke für sog. Gender-Experten geschaffen.
Neben vielen weiteren ist auch folgende Front besonders interessant: Die große deutsche Feministin Alice Schwarzer greift die zunehmende Ausprägung des „muslimischen Patriachats“ in unserer Gesellschaft auf. Frauen würden unterdrückt durch die Strukturen des Islam, insbesondere dem „Kopftuch-Zwang“ sowie der Zwangsehe. Außerdem kritisiert sie sexuelle Übergriffe durch Migranten und Prostitution. All dies schmeckt dem vorwiegend links-grünen Gegenpart gar nicht. Diese Feministinnen sehen im Tragen von Kopftüchern einen emanzipatorischen Akt und darin die Freiheit der Frau verwirklicht. Ebenso ist Sex-Arbeit eine völlig legitime Erwerbsquelle. Die überwiegenden Stimmen bei den Grünen lehnen daher ein Verbot von Prostitution und Kopftuch strikt ab. Lediglich einheimische Männer in den eigenen Wänden seien die Herausforderung ähnlich den antirassistischen Anwandlungen der „ehemaligen“ Feministinnen.
Wie weit die Gräben zwischen den Lagern sind, zeigte sich auch im Vorfeld eines Vortrages von Alice Schwarzer in Wien. Dieser wurde durch lautstarke Zwischenrufe gestört und durch Proteste begleitet. Der Vortragenden wurde „antimuslimischer Rassismus“ und ihre kritische Haltung gegenüber Prostitution vorgeworfen (zum detaillierten Artikel darüber). Wiederum andere Feministinnen setzen sich für alle eventuell benachteiligten Gruppen ein, das gemeinsame Feindbild ist der „alte weiße Mann“. Dass sich Frauenministerin Raab nicht in ein Lager einreihen möchte und auf Verbindlichkeit statt Konfrontation setzt, ist ein richtiger Schritt.

„Letztendlich dürfen wir aber nicht auf all jene Frauen vergessen, die noch nie von Gender-Mainstreaming gehört haben, für Anti-Rassismus-Demos keine Zeit finden und nicht von Vorstandsposten profitieren. Viele Mütter sehen sich mit völlig anderen Themen konfrontiert – diese gilt es aufzugreifen. Vom Familienbonus konnten alle Familien in Österreich profitieren, ein wichtiger und richtiger Schritt. Ebenso soll jede Frau ihren Lebensentwurf frei wählen können und auch Frau sein dürfen. Gut, dass Susanne Raab eine Ministerin für alle Frauen ist.“ meint Suha Dejmek, Vorstandsmitglied der Plattform Christdemokratie.